Der unvollständige Versuch eines Übersicht...
Da lese ich was von "Prollkameras" wenn es um Formate gehen soll? Bleibt doch mal sachlich. Jeder nach seiner Façon...
Ich hoffe, Wikipedia ist erlaubt. Hier steht tatsächlich mal alles. Auch die digitalen Formate:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aufnahmeformat
(Schöner Satz daraus: "Noch um 1890 war das am weitesten verbreitete Negativformat 13 cm × 18 cm; das in den 1890er Jahren aufkommende Format 9 cm × 12 cm galt als „Kleinbild“ und technisch minderwertig.")
Die ersten Kameras der Welt im 19. Jhd. waren groß und sperrig. Sie verwendeten Glasplatten, die in aufwändigen Verfahren vor Ort sensibilisiert und auch direkt entwickelt wurden. Im Vergleich zur Malerei war es natürlich trotzdem rasend schnell. Die Möglichkeiten waren faszinierend. Entsprechend groß das Interesse. In der Folge kam auch der Entwicklungstrend zu kleineren Formaten. Denn man wollte flexibler sein. Beweglicher. Sicher spielte auch das kommerzielle Interesse eine Rolle: Um so einfacher die Fotografie wird, desto mehr Leute fotografieren. Die Fotografie wurde zum Massenphänomen und -markt. Fototechnik wird günstiger, kleiner, schneller, empfindlicher und einfacher zu bedienen. Entsprechend steigt die Präsenz des Mediums. Vorläufiger Höhepunkt in meinen Augen: die Selfie-Mania. (Ich hätte ja gern mal ein Selfie von Ansel Adams oder Daguerre mit Duckface gesehen... aber das nur am Rande...)
Die technische Entwicklung geht also eindeutig in Richtung kleinerer Formate. Auf Seiten der Industrie dürfte der Kostendruck eine Rolle spielen (je kleiner der Sensor, desto günstiger ist es). Aber gerade wenn ich Usernamen wir "WeltreisenderHB" lese, liegt ein weiterer Aspekt auf der Hand: Man will sich keine Kameraausrüstung mit dem Gewicht eines Wasserkastens ans Bein binden.
Jetzt kommt die Gretchenfrage: Braucht man das? Wer braucht was?
Ich ärgere mich, wenn ich direkt die Verteufelungen höre. Wer schon mal die Detailtiefe einer 60MP-Aufnahme gesehen hat, stellt keine Fragen mehr nach dem Zweck. In der kommerziellen Fotografie geht es sehr oft um Details. Da sollen zum Beispiel Stoffe visuell fühlbar gemacht werden. Das geht auch mit 8MP. Aber wenn man eh Zehn- oder Hunderttausende in eine Produktion steckt: Warum soll man dann an der Kamera sparen?! Natürlich sind die Kameras auch ein Statussymbol. Aber das ist ein Clooney vor der Kamera ebenso. Und wenn wir dann plötzlich alle überteuerten Industriekaffee mit haufenweise Alu-Schrott drum herum kaufen, geben wir den Strategen dahinter doch recht...
Ich selbst fotografiere schon sehr lange, wurde im analogen Kleinbildformat "sozialisiert". Die Strapazen des Gewichts waren für mich immer gegeben. Umrechnungsfaktoren waren mir ein Graus. Ich mag die Möglichkeiten des selektiven Schärfe. Und so gehe ich - wenn ich mal Abwechslung suche - mit einer analogen Mittelformatkamera auf die Pirsch.
Die Fotoindustrie fährt mehrgleisig. Und das ist nicht allein durch Aspekte des Fotoalltags zu begründen. Da geht es um Marktanteile, Innovationsdruck, Margen etc. Ein neues System ist für die Fotografen-Welt immer mit Investitionen verbunden. Entsprechend reserviert reagiere ich - als "KB-geprägter" Mensch - auf Neuerungen. Zumal die Kameras mitunter eben nicht immer wirklich spürbar kleiner werden und auch das Mehr an Auflösung nicht immer praktischen Nutzen mit sich bringt.
Wer heute neu einsteigt in die Fotografie, kann ohne Reue zu einer APS-C-Kamera greifen. Die Technik ist ausgereift, der Systemausbau lässt keine Lücken, die Sensoren liefern beeindruckende Ergebnisse. Es muss vielleicht nicht mal der Spiegelkasten einer SLR verbaut sein...
Wer subjektiv oder objektiv mehr braucht (Iso-Reserven, Auflösungsvermögen, Schärfentiefe, Status), muss halt tiefer in die Tasche greifen und ins "Vollformat" - auch so ein Marketing-Begriff - gehen. Und wer noch höher hinaus will, muss halt noch mal eine Schippe drauf legen. Aber das muss jeder selbst abwägen - mit seiner Zielgruppe, dem Geldbeutel und dem Rücken, der das alles tragen muss.