Die Entscheidung gegen die DL-Serie ist richtig. Der Markt für Kameras ohne Wechselobjektive schrumpft dramatisch. 2009 waren es noch 106 Mio. 2012 79 Mio., 2015 22 Mio. und 2016 nur 12,6 Mio. Geräte. Da ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen.
Am Spiegel liegt es nicht, dass Nikon schlecht dasteht. 2016 war das Verhältnis DSLR zu DSLM 73% zu 27%. Canon lebt derzeit ganz gut im Spiegelmarkt und auch Pentax entwickelt sich, wenn auch von niedrigem Niveau startend. Selbst Sony bietet immer noch Kameras mit Spiegel an.
Der ganze Kameramarkt schrumpft, auch der für Kameras mit Wechselobjektive. 1999 wurden 4,3 Mio. (analoge) SLRs verkauft. Dann haben binnen weniger Jahre alle Fotografen eine Digitalkamera gekauft, und dann noch eine zweite und eine dritte, weil die Technik so schnell voranschritt. Die Phase ist vorbei, jetzt geht es wieder in den Normalzustand zurück.
Umsatz der Hersteller – Imaging ist die Kamerasparte - alle Zahlen in Milliarden Yen
• Canon 3402, davon 1094 Imaging, 32% Anteil der Imaging Div. am Firmenumsatz
• Nikon 750, davon 380 Imaging, 51%
• Olympus 743, davon 65 Imaging, 8% (ja, Kameras sind nur noch ein Nebengeschäft bei Olympus)
• Sony 7600, davon 570 Imaging, 9%
Die Umsatzentwicklung 2015 zu 2016? Canon -13%, Nikon -27%, Sony -16%, Olympus -6%, jeweils die Imaging-Sparte.
Mit 51% liegt der der Kameraanteil am Nikon-Umsatz am höchsten. Sie versuchen derzeit mit aller Macht andere Marktsegmente zu entwickeln, um aus dem Abwärtsstrudel raus zu kommen. Im Jahr zuvor lag der Imaging-Anteil noch bei 63%, davor bei 68%. Sie sind auf dem Weg, restructuring ist derzeit DAS Schlagwort bei Nikon. Diese Wende im Produktportfolio ist das meiner Meinung nach das Intelligenteste, was Nikon tun kann. Sie verlieren derzeit Marktanteile im Kameramarkt. Nikon produziert 2016 3,1 Mio. Kameras mit Wechselobjektiven, das sind ca. 28%, 2015 waren es noch 32%. Bei den C-DSCs sind es 3,15 Mio., 25%, 2015 waren es 31%. Insgesamt produziert Nikon also 37% weniger Kameras als im Jahr zuvor. Liegt’s am Spiegel, liegt’s am fehlenden eigenen Sensor?
Dann schauen wir mal, was Sony zustande gebracht hat, die haben Spiegellose, und die haben eigene Sensoren. Sony gibt nur die Gesamtzahl aller Kameras an, 6,1 Mio.in 2015, 4 Mio. in 2016, -34%. Boing! Das war wohl nix. Sony zu Nikon: unentschieden.
Olympus, komplett spiegellos, Sony-Sensoren, geht es auf den ersten Blick noch am besten, nur 6% Umsatzrückgang, weniger als die anderen (Kamera-Stückzahlen veröffentlichen sie leider nicht). Aber wehe, man schaut genauer hin. Seit 2009 schreibt der Imaging Bereich Verluste, nur 2010 war Imaging mal positiv (2010 war das Jahr mit den meisten Digitalkameras überhaupt). Der Anteil von Imaging ging im Konzern von 23% in 2009 auf nur noch 8% zurück. Nur 8% Umsatzanteil und immer nur Verluste? Jede ‚normale‘ Firma hätte da schon längst den Deckel draufgemacht. Japaner sind aber konservativ. Olympus sieht den Kamerabau als seine Wurzel, und die wird gehegt und gepflegt (Aussage des obersten Olympus-Bosses: Kameras gehören zu Olympus, das geben wir auf keinen Fall auf).
Canon gibt nur die Veränderungen von Stückzahlen an, keine absoluten Zahlen. +2% für die Kameras mit Wechselobjektive, -38% bei den Kompakten. Canon ist der einzige Hersteller, der zweigleisig fährt. Viele DSLRs und mit M3, M5 und M6 auch eine DSLM-Linie. Canon hat noch aus der analogen Zeit Erfahrungen mit Camcordern. Mit der 5D Mark II haben sie den Markt für Videokameras mit Wechselobjektiven geschaffen. Daraus haben sie mit der EOS Cinema-Reihe eine ganze Produktfamilie entwickelt: EOS 1D C, EOS C100, C300, C500 und C700, dazu spezielle Cinema-Objektive.
(alle Umsätze und Stückzahlen sind Angaben in den Hersteller-Geschäftsberichten).
Langer Rede kurzer Sinn: einfache Antworten wie: keine Spiegellosen, keine eigenen Sensoren können Nikon nicht erklären. Schließlich kaufen alle ihre Sensoren von Sony: Nikon, Olympus, Panasonic, Pentax, selbst Canon (für Kompaktkameras).
Nikon ist eine sehr konservative Kameramarke, mit Pentax zusammen die wohl konservativste. Die Nikonianer sind stolz darauf, dass selbst Uraltmöhren-Objektive noch mit den neuen Kameras zusammenarbeiten. Was war das für ein Geschrei, als 2007 die D40 auf den Markt kam, die erste Kamera ohne Schneckengewinde für den AF.
Diesem Kundenkreis jetzt neue Kameras anzubieten, die in direkter Konkurrenz zu den bestehenden FX- und DX-Kameras stehen, aber für die die alten Objektive nicht passen (bzw. nur mit Adapter und Funktionsverlust betrieben werden können)? Würde ich mir überlegen. Eine neue super-duper-ultra FX-Kamera mit dem 42 MP-Sensor von Sony, was brächte das denn? Der Kameramarkt wird davon auch nicht größer. Von 36 auf 42 MP? Bringt‘s das? Sony hat letztes Jahr ein Riesenfeuerwerk an neuen Alpha 7 auf den Markt gebracht. Hat’s geholfen? Eher nicht!
Also kein Panik, abwarten. Nikon will trotz der schlechten Zahlen weiterhin eine Dividende zahlen. Mit anderen Worten, da müssen noch Rücklagen sein.